Schweinezucht bzw. Mast von 1965 -2012/13
🐖 Geschlossenes System in der Schweinemast
Ein Blick zurück ins Jahr 1965
In den 1960er-Jahren begann sich die Schweinehaltung in Deutschland stark zu verändern. Die Landwirtschaft stand unter dem Druck, effizienter zu produzieren, um mit dem wachsenden Fleischbedarf Schritt zu halten. In diesem Zuge entwickelte sich das sogenannte „geschlossene System“ in der Schweinemast – ein Meilenstein in der Industrialisierung der Tierhaltung.
🔄 Was bedeutet „geschlossenes System“?
Ein geschlossenes System in der Schweinemast beschreibt einen Betrieb, der alle Produktionsstufen selbst abdeckt:
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Zucht der Sauen
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Ferkelerzeugung
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Aufzucht der Ferkel
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Mast bis zur Schlachtreife
Das bedeutet: Schweine werden vom Ferkel bis zum fertigen Masttier innerhalb eines einzigen Betriebs gehalten, ohne Zukauf oder Verkauf zwischen den Stufen. Ziel war es, Transportwege zu minimieren, Infektionsrisiken zu senken und Produktionsabläufe zu optimieren.
🏗️ Struktur und Technik in den 1960er-Jahren
Im Jahr 1965 war die Technik noch nicht so automatisiert wie heute, aber erste Ansätze zur Rationalisierung waren sichtbar:
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Stallbau wurde zunehmend auf Effizienz ausgerichtet – mit getrennten Abteilen für Zucht, Aufzucht und Mast.
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Fütterungssysteme wurden mechanisiert, etwa durch Rohrleitungen oder Förderbänder.
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Hygiene und Seuchenprävention gewannen an Bedeutung, da die Tiere in engeren Systemen gehalten wurden.
📈 Vorteile und Kritik
Vorteile:
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Höhere Kontrolle über die gesamte Produktionskette
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Einheitliche Qualität der Mastschweine
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Geringere Krankheitsübertragung durch geschlossene Kreisläufe
Kritikpunkte:
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Weniger Bewegungsfreiheit für die Tiere
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Zunahme von Stallhaltung ohne Auslauf
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Beginn der Entfremdung zwischen Tier und Umwelt
🧭 Bedeutung für die Zukunft
Das geschlossene System war ein Vorläufer der heutigen integrierten Mastbetriebe. Es legte den Grundstein für moderne Schweineproduktion, wurde aber später durch neue Konzepte wie Offenstallhaltung, tiergerechtere Systeme und Biohaltung ergänzt oder hinterfragt
🐖 Schweinemast am Hubertushof Dohr in den 1990er-Jahren: Landwirtschaft im Wandel
In den 1990er-Jahren war die Schweinemast am Hubertushof Dohr ein fester Bestandteil des landwirtschaftlichen Alltags. Damals wie heute stand der Hof für bodenständige Arbeit, regionale Verbundenheit und den respektvollen Umgang mit Tier und Natur – doch die Rahmenbedingungen waren andere.
🏗️ Reine Mast – klarer Fokus
Der Hubertushof konzentrierte sich in dieser Zeit auf die reine Schweinemast: Ferkel wurden von spezialisierten Zuchtbetrieben zugekauft und auf dem Hof bis zur Schlachtreife gemästet. Die Tiere kamen mit einem Gewicht von etwa 30 kg an und verließen den Hof nach rund 100–120 Tagen mit einem Schlachtgewicht von etwa 115 kg.
Die Mast erfolgte in geschlossenen Ställen, die für damalige Verhältnisse modern ausgestattet waren: mit Vollspaltenböden, automatischer Fütterung und kontrollierter Lüftung. Ziel war eine effiziente, hygienische und wirtschaftlich tragfähige Haltung – ganz im Sinne der landwirtschaftlichen Standards jener Zeit.
⚙️ Technik und Tiergesundheit
Die Schweine wurden mit kraftvollem Mastfutter versorgt, das auf Zuwachs und Fleischqualität ausgelegt war. Die tägliche Gewichtszunahme lag bei etwa 700 g – ein Wert, der für die damalige Zeit als sehr gut galt. Die Tiere wurden regelmäßig kontrolliert, und der Hubertushof legte großen Wert auf Sauberkeit, Stallklima und Futterqualität.
🧬 Zuchtlinien und Fleischqualität
Die Ferkel stammten meist aus bewährten Hybridlinien wie Pietrain × Deutsche Landrasse – robust, stressresistent und mit guter Bemuskelung. Das Fleisch war mager, fest und für Metzgereien der Region sehr gefragt. Der Hubertushof belieferte lokale Partner und trug zur Nahversorgung mit hochwertigem Schweinefleisch bei.
🌍 Landwirtschaft im Umbruch
Auch am Hubertushof spürte man den beginnenden gesellschaftlichen Wandel: Erste Diskussionen über Tierwohl, Stallgröße und Umweltbelastung erreichten die Praxis. Zwar war die Haltung noch stark auf Effizienz ausgerichtet, doch der Hof begann bereits, über alternative Konzepte nachzudenken – ein Prozess, der später zur heutigen, vielfältigeren Ausrichtung führte.
🐖 Abschied von der Schweinemast: Warum der Hubertushof Dohr 2012/13 einen klaren Schnitt machte
Nach Jahrzehnten erfolgreicher Schweinemast entschied sich der Hubertushof Dohr im Jahr 2012/13, diesen Betriebszweig einzustellen. Die Entscheidung fiel nicht leicht – doch sie war konsequent und zukunftsorientiert. Denn die Rahmenbedingungen hatten sich verändert: Maßnahmen zur Effizienzsteigerung standen zunehmend im Widerspruch zu Tierwohl und Wirtschaftlichkeit.
⚖️ Wirtschaft unter Druck
Die Schweinemast war in den frühen 2000er-Jahren stark von Marktpreisen, Futterkosten und Investitionsdruck geprägt. Laut Thünen-Institut führten neue Anforderungen – etwa mehr Platz, bessere Stallklimatisierung und Beschäftigungsmaterial – zu steigenden Kosten, ohne dass der Markt diese Mehrwerte honorierte. Für kleinere Betriebe wie den Hubertushof wurde die Rentabilität zunehmend fraglich.
🐷 Tierwohl als Maßstab
Gleichzeitig wuchs das Bewusstsein für artgerechte Tierhaltung. Der Hubertushof wollte keine Kompromisse eingehen: Enge Buchten, Spaltenböden und rein leistungsorientierte Mast passten nicht mehr zum Selbstverständnis des Betriebs. Die Tiere sollten nicht nur wachsen – sie sollten leben dürfen. Doch die gesetzlichen Mindeststandards reichten nicht aus, und freiwillige Verbesserungen waren wirtschaftlich kaum tragbar.
🌱 Neuausrichtung mit Haltung
2012/13 fiel die Entscheidung: Schluss mit der Schweinemast. Stattdessen setzte der Hubertushof auf andere Betriebszweige – etwa Freilandhühner, Gemüsebau, Direktvermarktung und pädagogische Angebote. Die Tiere, die heute auf dem Hof leben, sind Teil eines neuen Konzepts: weniger Produktion, mehr Beziehung.